Gebt mir den Fußball zurück!
Ja, ja, ich weiß. Spätestens seit der WM im eigenen Land, und ich rede von der zweiten 2006, ist Fußball bei uns so was wie ein „Event“ (so ein neues Wort für das altbackene „Veranstaltung“ oder „Ereignis“) für Familien und Frauen geworden. Ok, die Clubs, die sich ja nicht mehr als Vereine sondern Wirtschaftsunternehmen definieren, freut das. Die Arenen (noch so ein neues Wort für das altbackene „Stadion“ oder „Bolzplatz“) sind voll. Ich meine, zu voll!
Früher waren wir unter uns. Männer. Und Frauen, die aussahen wie Männer. Wir hatten nichts. Keine Freundin, keine Manieren, kein Clearasil, keinen Musikgeschmack. Aber wir hatten uns und samstags unseren Spaß. Meist unter der Gürtellinie. Ob verbal oder nonverbal. Egal. Unsere Welt. Wir mussten uns nicht schämen, wenn wir sternhagelvoll über die Stehränge stolperten. Wir mussten uns nicht schämen, wenn wir den Gegner übel beleidigten, nicht selten sogar deren totale Vernichtung forderten. Wir meinten es ernst. Kein aufgesetztes „ist doch nur Spaß“, kein entschuldigendes „wir sind doch beim Fußball“, nein, der Gegner war unwertes Leben. Das stellte niemand in Frage. Wozu auch? Wir waren deutlich. Deutlich und ehrlich.
Auf einmal, es war irgendwann in den Neunzigern, mutierte unser Fußball zum Zugpferd des Privatfernsehens. Zeitgleich startete die schleichende und nie gewollte Gesellschaftsfähigkeit der Bundesliga. Zufall? Keine Ahnung. Aber das Privatfernsehen steht für mich für die Verblödung des deutschen Volkes. Also eher kein Zufall. Am Stammtisch in der Studentenkneipe, in der man sonst eher Demos oder Drogenbeschaffung plante, wurde auf einmal, an den Wochenenden, kurz das Eintracht-Ergebnis reingeworfen. Zwar noch verstohlen, mit roten Kopf und auf die Zunge beißend, aber durchaus mit dem waghalsigen Mut ein Tabu zu brechen.
Auch während der Zivildienstzeit, in der sich jeder besonders gebildet, friedliebend und links gab, war auf einmal das Spiel von gestern das Thema in der Krankenhaus-Kantine. Jungs, die sich normalerweise gelangweilt darüber unterhielten, auf welchen Konzerten, auf welchen Lesungen, auf welcher politischen Diskussionsveranstaltung sie am Wochenende waren, bekamen auf einmal leuchtende Augen: „Reinhold Jessl!“ Der eine Name reichte, um zu wissen, wo ein jeder war – in Mainz, beim Pokalsieg der Eintracht.
Eigentlich war es nicht zu befürchten, aber im Nachhinein ist es klar, es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis politische Korrektheit auf die Ränge Einzug hielt. Es war ein Spiel in Koblenz. Fuji-Cup - bezeichnenderweise. Eintracht gegen Bayern. Wie selbstverständlich beleidigte ich erst Ziege und dann natürlich den bayerischen Schweizer: „Sutter, Sutter, fick deine Mutter!“… Auf einmal erstarrte ich zu Salz. Neben mir ein weibliches Gekreische: „Wie asozial ist das denn?“. In diesem Augenblick begann mein Rückzug. Die letzte Bastion gefallen. Die Oase der Glückseeligkeit von kreischenden Weiberstimmen zerstört. Auf einmal hat man sich zu rechtfertigen. Beim Fußball?!?!
Dabei, egal wie viel krakeelende Weiber neben mir oder über mir oder wo auch immer um mich herum versammelt sind, ist für mich ein jeder Schweizer ein Sutter. Ob es sich reimt oder nicht, ein „xyz fick deine Mutter“ kommt mir noch immer über die Lippen – wie selbstverständlich, wenn ich den Protagonisten auf dem Platz als Schweizer ausmache. Je nach Laune sogar auch über die Schweizer in der eigenen Mannschaft. Na und? Vielleicht ist das ja so. Vielleicht haben die nun mal entsprechende sexuelle Neigungen. Weiß ich’s? Vielleicht auch deswegen die brüske Ablehnung gegen die Minarette? Dabei hat ein wenig Kultur und moderne Aufklärung noch niemanden geschadet. Ok. Aber das ist jetzt nicht mein Thema.
Mein Thema ist die, seit diesem schrecklichen Erlebnis beim Fuji-Cub, unaufhaltsame Verweichlichung der Fußballfan-Szene. Bestes und leider auch aktuellstes Beispiel - das Wehklagen über die „Funkel raus“-Rufe in Berlin. Ach Gott! Da gewinnt die Eintracht ein enorm wichtiges Spiel gegen einen Hass-Gegner (darf ich das noch schreiben?) und ein paar Jungs machen sich einen Spaß.
Leider war es ja klar. Das große Geheule der Häkelfraktion ging im Internet los. Die Überschrift „Das war für mich peinlich“ startete unaufhaltsam eine ganze Stalinorgel an Wehklagen. Unmöglich und unfair, wären die Rufe gewesen. Das ganze an Niveaulosigkeit kaum noch zu unterbieten, so die selbstkasteinde Kritik in Richtung eigene Fans. Fans, die als Deppen mit kaum zu ertragender Blödheit bezeichnet werden. Wohlgemerkt rede ich hier von aus dem Internet zusammengefassten Kritiken, die von Helden formuliert wurden, die das Spiel in der Sportschau gesehen hatten und, statt danach ein Brot zu schmieren und der Ziehung der Lottozahlen entgegenzufiebern, gleich an den Rechner rannten, ins Internet einloggten, um sofort, ohne jegliche Verzögerung, ihren Unmut gegen Leute entleerten, die mal kurz gut und gern 1000 Kilometer für ihren Verein runterrissen. Das ist die eigentliche Niveaulosigkeit!
Und überhaupt! Dieses ganze Blabla. Funkel hätte ja fünf Jahre gute Arbeit bei uns geleistet. NA UND? Wen interessiert das, wenn man auswärts führt – kurz vor dem Sieg steht??? Dann gehört Häme dazu. Ist sogar Pflicht! Unabhängig davon, dass es bestenfalls 2,5 Jahre gute Arbeit waren. Aber das ist hier nicht das Thema. Das Thema ist den Gegner zu verhöhnen. Mitsamt Trainer, Maskottchen und Spielerfrauen. Und auch wenn der Trainer Funkel heißt, dann ist er eben inklusive. Gerade und erst recht dann, wenn es gegen die Hertha geht!
Hertha will doch kein Mensch. Hertha ist langweilig. Hertha ist das geistig zurückgebliebene Dorf innerhalb einer pulsierenden Metropole. Wenn ich schon einem Berliner Verein anhängen muss, dann – je nach persönlicher politischer Ausrichtung – Türkspor oder BFC Dynamo Berlin. Aber doch mit Sicherheit nicht Hertha??? Alleine dieses Vereinslied „…nur nach Hause geh’n wir nicht“, ist nicht nur peinlich, sondern angesichts der Tatsache, dass die wenigstens überhaupt erst hingehen, schlicht so bescheuert, wie damals in der DDR die Hymne mit dem „einig deutsches Vaterland“. Im Gegensatz zu den Hertha-Fuzzis, rafften die DDR Funktionäre wenigstens, wie lächerlich die sich machten und hatten das Singen des Textes kurzerhand verboten. Bei der Hertha wird es nicht verboten. Weiterhin wird es wirr gesungen. Frank Zander als Identifikationsfigur einer von sich selbst losgelösten Fankurve, der man nur mit Mitleid begegnen kann. Mehr haben die nicht verdient.
Aber was, um alles in der Welt, haben wir verdient? Wir, die sich über ein „Funkel raus“ lauthals beschweren. Wir, die rumjammern. Wir, die unser ach so unsägliches Verhalten als Begründung dafür angeben, dass wir im Fernsehen so schlecht wegkommen. IM FERNSEHEN SCHLECHT WEGKOMMEN? Wen interessiert das? Was interessiert das? Wozu interessiert das überhaupt irgendjemanden? Was seid ihr für Jammerlappen?
Bleibt dem Fußball fern! Heult euch bei Mama aus! Tanzt meinetwegen auf dem Weihnachtsmarkt und singt Christkindlein-Lieder. Aber bleibt weg! Macht um die Stadien dieser Welt einen großen Bogen!
Ich will pöbeln, ich will beleidigen und ich will total unkorrekt sein. Politisch unkorrekt und auch ganz allgemein unkorrekt. Ohne euch! Ohne euren blöden Kommentaren im Stadion oder kurz danach im Internet, nur weil Steffen Simon in der Sportschau seine peinlichen Bessermensch-Thesen zu unpassend zusammen geschnittenen Bildern aus der Fankurve jault. Geht’s noch? Man! Haut ab! Gebt mir meinen Fußball zurück!
Früher waren wir unter uns. Männer. Und Frauen, die aussahen wie Männer. Wir hatten nichts. Keine Freundin, keine Manieren, kein Clearasil, keinen Musikgeschmack. Aber wir hatten uns und samstags unseren Spaß. Meist unter der Gürtellinie. Ob verbal oder nonverbal. Egal. Unsere Welt. Wir mussten uns nicht schämen, wenn wir sternhagelvoll über die Stehränge stolperten. Wir mussten uns nicht schämen, wenn wir den Gegner übel beleidigten, nicht selten sogar deren totale Vernichtung forderten. Wir meinten es ernst. Kein aufgesetztes „ist doch nur Spaß“, kein entschuldigendes „wir sind doch beim Fußball“, nein, der Gegner war unwertes Leben. Das stellte niemand in Frage. Wozu auch? Wir waren deutlich. Deutlich und ehrlich.
Auf einmal, es war irgendwann in den Neunzigern, mutierte unser Fußball zum Zugpferd des Privatfernsehens. Zeitgleich startete die schleichende und nie gewollte Gesellschaftsfähigkeit der Bundesliga. Zufall? Keine Ahnung. Aber das Privatfernsehen steht für mich für die Verblödung des deutschen Volkes. Also eher kein Zufall. Am Stammtisch in der Studentenkneipe, in der man sonst eher Demos oder Drogenbeschaffung plante, wurde auf einmal, an den Wochenenden, kurz das Eintracht-Ergebnis reingeworfen. Zwar noch verstohlen, mit roten Kopf und auf die Zunge beißend, aber durchaus mit dem waghalsigen Mut ein Tabu zu brechen.
Auch während der Zivildienstzeit, in der sich jeder besonders gebildet, friedliebend und links gab, war auf einmal das Spiel von gestern das Thema in der Krankenhaus-Kantine. Jungs, die sich normalerweise gelangweilt darüber unterhielten, auf welchen Konzerten, auf welchen Lesungen, auf welcher politischen Diskussionsveranstaltung sie am Wochenende waren, bekamen auf einmal leuchtende Augen: „Reinhold Jessl!“ Der eine Name reichte, um zu wissen, wo ein jeder war – in Mainz, beim Pokalsieg der Eintracht.
Eigentlich war es nicht zu befürchten, aber im Nachhinein ist es klar, es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis politische Korrektheit auf die Ränge Einzug hielt. Es war ein Spiel in Koblenz. Fuji-Cup - bezeichnenderweise. Eintracht gegen Bayern. Wie selbstverständlich beleidigte ich erst Ziege und dann natürlich den bayerischen Schweizer: „Sutter, Sutter, fick deine Mutter!“… Auf einmal erstarrte ich zu Salz. Neben mir ein weibliches Gekreische: „Wie asozial ist das denn?“. In diesem Augenblick begann mein Rückzug. Die letzte Bastion gefallen. Die Oase der Glückseeligkeit von kreischenden Weiberstimmen zerstört. Auf einmal hat man sich zu rechtfertigen. Beim Fußball?!?!
Dabei, egal wie viel krakeelende Weiber neben mir oder über mir oder wo auch immer um mich herum versammelt sind, ist für mich ein jeder Schweizer ein Sutter. Ob es sich reimt oder nicht, ein „xyz fick deine Mutter“ kommt mir noch immer über die Lippen – wie selbstverständlich, wenn ich den Protagonisten auf dem Platz als Schweizer ausmache. Je nach Laune sogar auch über die Schweizer in der eigenen Mannschaft. Na und? Vielleicht ist das ja so. Vielleicht haben die nun mal entsprechende sexuelle Neigungen. Weiß ich’s? Vielleicht auch deswegen die brüske Ablehnung gegen die Minarette? Dabei hat ein wenig Kultur und moderne Aufklärung noch niemanden geschadet. Ok. Aber das ist jetzt nicht mein Thema.
Mein Thema ist die, seit diesem schrecklichen Erlebnis beim Fuji-Cub, unaufhaltsame Verweichlichung der Fußballfan-Szene. Bestes und leider auch aktuellstes Beispiel - das Wehklagen über die „Funkel raus“-Rufe in Berlin. Ach Gott! Da gewinnt die Eintracht ein enorm wichtiges Spiel gegen einen Hass-Gegner (darf ich das noch schreiben?) und ein paar Jungs machen sich einen Spaß.
Leider war es ja klar. Das große Geheule der Häkelfraktion ging im Internet los. Die Überschrift „Das war für mich peinlich“ startete unaufhaltsam eine ganze Stalinorgel an Wehklagen. Unmöglich und unfair, wären die Rufe gewesen. Das ganze an Niveaulosigkeit kaum noch zu unterbieten, so die selbstkasteinde Kritik in Richtung eigene Fans. Fans, die als Deppen mit kaum zu ertragender Blödheit bezeichnet werden. Wohlgemerkt rede ich hier von aus dem Internet zusammengefassten Kritiken, die von Helden formuliert wurden, die das Spiel in der Sportschau gesehen hatten und, statt danach ein Brot zu schmieren und der Ziehung der Lottozahlen entgegenzufiebern, gleich an den Rechner rannten, ins Internet einloggten, um sofort, ohne jegliche Verzögerung, ihren Unmut gegen Leute entleerten, die mal kurz gut und gern 1000 Kilometer für ihren Verein runterrissen. Das ist die eigentliche Niveaulosigkeit!
Und überhaupt! Dieses ganze Blabla. Funkel hätte ja fünf Jahre gute Arbeit bei uns geleistet. NA UND? Wen interessiert das, wenn man auswärts führt – kurz vor dem Sieg steht??? Dann gehört Häme dazu. Ist sogar Pflicht! Unabhängig davon, dass es bestenfalls 2,5 Jahre gute Arbeit waren. Aber das ist hier nicht das Thema. Das Thema ist den Gegner zu verhöhnen. Mitsamt Trainer, Maskottchen und Spielerfrauen. Und auch wenn der Trainer Funkel heißt, dann ist er eben inklusive. Gerade und erst recht dann, wenn es gegen die Hertha geht!
Hertha will doch kein Mensch. Hertha ist langweilig. Hertha ist das geistig zurückgebliebene Dorf innerhalb einer pulsierenden Metropole. Wenn ich schon einem Berliner Verein anhängen muss, dann – je nach persönlicher politischer Ausrichtung – Türkspor oder BFC Dynamo Berlin. Aber doch mit Sicherheit nicht Hertha??? Alleine dieses Vereinslied „…nur nach Hause geh’n wir nicht“, ist nicht nur peinlich, sondern angesichts der Tatsache, dass die wenigstens überhaupt erst hingehen, schlicht so bescheuert, wie damals in der DDR die Hymne mit dem „einig deutsches Vaterland“. Im Gegensatz zu den Hertha-Fuzzis, rafften die DDR Funktionäre wenigstens, wie lächerlich die sich machten und hatten das Singen des Textes kurzerhand verboten. Bei der Hertha wird es nicht verboten. Weiterhin wird es wirr gesungen. Frank Zander als Identifikationsfigur einer von sich selbst losgelösten Fankurve, der man nur mit Mitleid begegnen kann. Mehr haben die nicht verdient.
Aber was, um alles in der Welt, haben wir verdient? Wir, die sich über ein „Funkel raus“ lauthals beschweren. Wir, die rumjammern. Wir, die unser ach so unsägliches Verhalten als Begründung dafür angeben, dass wir im Fernsehen so schlecht wegkommen. IM FERNSEHEN SCHLECHT WEGKOMMEN? Wen interessiert das? Was interessiert das? Wozu interessiert das überhaupt irgendjemanden? Was seid ihr für Jammerlappen?
Bleibt dem Fußball fern! Heult euch bei Mama aus! Tanzt meinetwegen auf dem Weihnachtsmarkt und singt Christkindlein-Lieder. Aber bleibt weg! Macht um die Stadien dieser Welt einen großen Bogen!
Ich will pöbeln, ich will beleidigen und ich will total unkorrekt sein. Politisch unkorrekt und auch ganz allgemein unkorrekt. Ohne euch! Ohne euren blöden Kommentaren im Stadion oder kurz danach im Internet, nur weil Steffen Simon in der Sportschau seine peinlichen Bessermensch-Thesen zu unpassend zusammen geschnittenen Bildern aus der Fankurve jault. Geht’s noch? Man! Haut ab! Gebt mir meinen Fußball zurück!
3 Kommentare:
Da haste dir aber mal Luft gemacht, Andy. Gut, dann mache ich mal mit.
Die "Funkel raus"-Rufe waren schon im Waldstadion nicht mein Ding, was wenig mit Funkel zu tun hat - das permanente Beleidigen eigener Spieler kotzte mich aber in der letzten Saison viel mehr an. Mich kotzt auch das ewige Selbstgefeiere von Leuten an, die eine "Kurve" bejubeln, die ich nur noch mittelmäßig finde. Dieser Jubel ist doch nur ein Echo auf eine Vergangenheit, die geil war - die Gegenwart ist es schon lange nicht mehr.
Ich habe wegen der Rufe in Berlin kein Fass aufgemacht, dazu sind sie mir zu unwichtig. Den Jungs und Mädels, die hunderte von Kilometern runterreißen, um die Eintracht live zu sehen, gehört mein Respekt - dafür! Aber sonst muss ich längst nicht alles gut finden, was die machen. Warum auch?
Ich mach' mein Ding, "die" - also jeder Einzelne - machen ihres. Und manchmal mach' ich mein Ding wie in der ersten Halbzeit gegen Hoffenheim in diesem Jahr auch "allein", während die "Kurve" den Hoppenheimern das Waldstadion überlässt. Und glaub' mir, Andy, diesen Scheiß habe ich ebenso wenig vergessen wie das Auspfeifen und Beleidigen von Köhler und Meier nach wichtigen Toren.
"Nickel raus" habe ich vor fast 30 Jahren im Waldstadion schon mal nach fünf Minuten gehört. Aber das Auspfeifen eines Torschützen, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen, das war mir neu.
Und das regt mich viel mehr auf als Funkel raus-Rufe oder das Bemühen um „politische Korrektheit“. Immer noch.
Pöbeln kannst du immer noch. Da haben schon früher Leute die Nase gerümpft, halt ohne Internet. Welchen "Fußball" willst du also zurück?
Den Fußball auf den Platz, den ich meine, den kriege ich nicht mehr. Und das alte Gefühl im Waldstadion - ohne Plastikkarten für Gewinnmaximierung und Überwachungswahn für eine vorgegaukelte Sicherheit - das kommt auch nicht wieder.
Fans, egal wer, sind Beiwerk. Schon immer gewesen. Ich habe mich nie wichtiger genommen als die Eintracht. Und wer neben mir steht oder sitzt und die Klappe aufmacht, muss damit rechnen, dass ich mit ihm brülle und singe oder ihm die Meinung geige, über den Scheiß, den er ablässt. Gilt umgekehrt genauso. Keine große Sache.
Eine schöne Sache ist dagegen, dass du wieder schreibst. Das macht mir Spaß, auch wenn ich manches anders sehe. Oder gerade deswegen. :-)
Gruß vom Kid
PS: Es waren vier gute Jahre, Andy. ;-) Die letzte Saison war wahrscheinlich eine Saison zu viel, aber da bin ich mir immer noch nicht sicher. Ist auch egal, weil der Mann nicht mehr unser Trainer ist und es mir nichts nützt, hinterher etwas besser zu wissen.
leider hat der blog meine antwort nicht genommen, von daher steht sie hier.
viele grüße
beve
So, mein lieber Kid, jetzt komme ich endlich dazu Dir zu antworten. :-)
Ich glaube ich habe noch nie im Stadion die Ablösung eines Trainers gefordert. Nicht in Leverkusen gegen Fanz, nicht in Turin gegen Osram, nicht mal in Mannheim gegen Senekowitsch. War mir immer zu blöd. Wirklich zu blöd. Trotzdem kann ich nicht verstehen, wie man wegen Berlin ein solches Fass aufmachen kann. Ohne Sportschau, wäre es nicht mal besonders aufgefallen. Aber das schrieb ich ja bereits.
Dass die Kurve immer mehr nervt, oder wie es Beve geschrieben hat, von einem Ruf längst vergangener Tage lebt, kann ich durchaus nachvollziehen. Aber sie ist wahrscheinlich die Konsequenz aus alledem. Aus dem Festzementierten, aus Wolfsburg, aus den Kommerz-Arenen, aus den Medien, aus dem Event. Früher war Fußball eben Fußball. Heute ist es ein Event. Überall. Ob im Familienblock, VIP-Raum, in der Glotze oder eben in der Kurve.
Ich kann allerdings auch verstehen, wenn sich die Kurve selbst feiert, wenn sie sich einen Spaß macht. Irgendwie sind die auch immer da. Müssen sich Wochenende für Wochenende die spielerischen Defizite anschauen. Die Zeit überbrücken bis zum Schlusspfiff, obwohl nach 15 Minuten (Bayern und Bayer) bereits alles entschieden ist. Die Spieler ihren Standard brav runterspulen. Keine Reibungspunkte, keine Überraschungen. So ist schliesslich auch ein 1997 entstanden. Auf dem Platz die pure Armut, auf den Rängen ein neues Wir-Gefühl. Aber das war damals trotzdem anders. D'accord.
Natürlich finde ich es auch nicht sonderlich prickelnd, wenn es bei Köhler oder Alex Meier schon zu reflexartigen Unmutsäußerungen kommt, die mit dem Geschehen auf dem Platz nicht viel gemein haben. Aber ich rege mich auch nicht groß darüber auf. Man muss auch mal was abkönnen. Das sage ich sogar noch trotz Robert Enke. Weil so kenne ich Fußball. Muss niemanden gefallen. Verlange ich auch nicht.
Traurig macht mich tatsächlich, und da sind wir einer Meinung, wir bekommen unseren Fußball nicht mehr wieder. Ich werde bei der Eintracht in Zukunft weder einen Uli Stein am Pissuare in der Vereinsgaststätte antreffen und mich mit ihm über Schirientscheidungen des letzten Wochenende auskotzen können, noch durch die Blöcke wandern, um mit Kumpels über Nebensächlichkeiten zu plaudern. Oder mal spontan zu einem Auswärtsspiel ohne Karte fahren? Kannste vergessen. Mich nervt der moderne Fußball. Auf dem Platz und auf den Rängen. Mich nervt aber auch, dass ich für alles Verständnis haben muss. Die Luft muss raus. Immer und immer wieder. Nichts sagen und Nichtssagendes macht auch kein Spaß. ;-)
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